Montag, 29. November 2010

Platten aus München

PhonoboyThis Is Not A Band

Die Münchner sind für französischen Charme bekannt. Und so ist dieser auch diesmal in ihrem neuen Werk zu finden und dazu jede Menge Indiedisco-Appeal, Synthiegewaber, geschmeidige Gitarrennummern und französischer HipHop. Très chic!

FÜR FANS VON: Nouvelle Vague, LCD Soundsystem, French Cuts

This Is The ArrivalThis Is The Arrival

Das Debütalbum ist wirklich das Herzblut der 4 Jungs. Man merkt, wie viel Liebe und Emotionen in dem Erstling stecken. Von wunderschön melancholischen Liedern bis zu wunderbar tanzbaren Nummern hat dieses Album von vorne bis hinten alles drauf, was drauf sein sollte.

FÜR FANS VON: Phoenix, Shout Out Louds, Two Door Cinema Club

Lucky FishA Frog On The Highway

Ohrwurmqualität. Die Jungs von Lucky Fish haben wirklich gezeigt, dass sie verdammt gute Songwriter sind und sich somit in unsere Gehörgänge einschleichen. Hört euch Orchard, Roadkill oder Monday Afternoon an und ihr wisst, wovon ich spreche.

FÜR FANS VON: The Beatles, The Smiths, Bob Dylan, The Field Mice

Montag, 8. November 2010

Eels – eine Aversion gegen Wiederholungen

Mark Oliver Everett hat eine hingebungsvolle Aversion gegen jegliche Form der Wiederholung (nur um den Titel hier noch mal zu wiederholen). Everett betont die völlige künstlerische Freiheit. Mit Hombre Lobo (2009), End Times (2010) und Tomorrow Morning (2010) erschuff der Musiker eine wunderschöne Album-Trilogie.


Das rockigorientierte Werk Hombre Lobo stellt den Hörer vor einige Herausforderungen – erst beim zweiten, dritten Mal hören, erkennt man die unbestreitbare Genialität, welche sich hinter dem Album verbirgt und wo ruppige, wuchtige und überrissene Stücke wie "Prizefighter" mit sehnsüchtigen Klängen und der Zartheit wie in "All The Beautiful Things" einen wunderschönen Kontrast bilden.


Das von privatem Trennungsschmerz geprägte Album End Times ist der Nachfolger und entführt einen in eine völlig andere Welt. Everett musste schon früh einen Familienangehörigen nach dem anderen zu Grabe tragen und so wie viele der Eels Alben handelt auch End Times von tiefer, melancholischer Verlustangst, doch diesmal wurde eine Beziehung beerdigt. Der Opener "The Beginning" startet noch freundlich und ermutigend mit "...and everything was beautiful and free...", doch schon der zweite Song "Gone Man" lässt die Stimmung völlig umschwingen. In End Times sind die Lieder mit zauberhaften Melodien sparsam arrangiert und schlagen dem Hörer durch die Deutlichkeit der Texte über absolute Hoffnungslosigkeit, über harte, desperate Zeiten und über das schmerzhafte Gefühl, irgendwie durch den Tag kommen zu müssen, mit einer nicht gedachten, aber tief empfundenen Ernsthaftigkeit und Traurigkeit, aufs Gemüt. Der lang erhoffte Lichtblick lässt bis zum letzten Track "On My Feet" warten, denn am Ende ist man sich doch immer sicher "That I've been through worse..."


Kaum sieben Monate später beenden die Eels ihre Trilogie. Diese Zeit hat kaum ausgereicht, um Melancholie und Traurigkeit aus dem Herzen zu bannen und diese vergessen zu machen, doch Tomorrow Morning birgt schon im Titel eine neue sehnsüchtige Verheißung. Das Werk ist mit vielen freundlichen Melodien und verstreuten Hoffnungsschimmern in den sanften Klängen der einzelnen Stücke versehen.


So zurück zum Titel. 3 Alben in gut einem Jahr. Die meisten fragen sich und zwar berechtigter Weise, ob da nicht die Gefahr herrscht, zu kopieren. Doch hierzu gibts nur ein fettes Nein! Tomorrow Morning hebt sich genau wie Hombre Lobo und End Times nicht nur musikalisch, sondern auch inhaltlich von den anderen zwei Brüdern ab. So ist die famose Dreierreihe überaus gelungen geschlossen und lässt sich auch viele Male, wiederholter Weise abspielen und anhören.

Freitag, 22. Oktober 2010

Naked Lunch – A book of great beauty. (Norman Mailer)


Neben On the Road von Jack Kerouac und dem Gedicht Howl von Allen Ginsberg ist der Roman Naked Lunch von William S. Burrough das wichtigste literarische Werk der Beat Generation. Zuerst als literarischer Abschaum betitelt, wird Burroughs Hauptwerk und er selbst in den späten 70igern als Talisman der New York Punkbewegung gefeiert. „Up there with the Pope“ (Patti Smith). Der Schriftsteller kollaborierte in späteren Jahren sogar mit dem Nirvana Frontmann Kurt Cobain und David Bowie benutzte Burroughs Art zu schreiben und bekannte cut-up Technik, um den Text zu seinem Song Diamond Dogs zu verfassen.

Naked Lunch behandelt eine unglaubliche Menge damaliger Tabuthemen, wie Drogenkonsum, -sucht, Gewalt, Homosexualität, psychischer Wahnsinn etc. Die verschiedenen Handlungsstränge lassen keine Einheit erkennen, sind komplex miteinander verwoben und stellen keinen logischen Zusammenhang zueinander her. Eine harmonische Einheit ist nicht erwünscht. Doch um so ein Werk beschreiben zu können, fehlen, glaube ich, jedem die richtigen Worte. Man muss es selbst lesen, um sich mit dem gewaltigen Sturm mitreißen zu lassen, der auf einen einprallt.

It is impossible to make a movie out of Naked Lunch. A literal translation just wouldn`t work.
(David Cronenberg, welcher 1991 Naked Lunch auf die Leinwand brachte)

Dienstag, 28. September 2010

Weezer wagen sich an den Klassiker: "Pinkerton"-Deluxe Edition erscheint im November!


Schlappe zwei Wochen ist es her, dass das achte Weezer-Studioalbum "Hurley" erschien. Die neue Scheibe mit dem "Lost"-Schauspieler auf dem Cover ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, verglichen mit dem katastrophalen "Raditude", doch Fans der frühen Weezer dürften immer noch nicht begeistert sein. Die können sich dafür über eine andere Nachricht freuen: Weezer werden im November ihr legendäres zweites Album "Pinkerton" in einer Deluxe-Edition mit Bonustracks neu veröffentlichen!


Für all jene, die sich in der Bandgeschichte der Amerikaner nicht so gut auskennen, hier ein kurzer Rückblick: 1994 erschien Weezers selbstbetiteltes Debütalbum, das sogenannte "blaue Album", das mit Sonnenscheinrock, mitreissenden Melodien und schüchtern-nerdigen Texten ein Riesenhit wurde. Nach dem Erfolg zog sich Bandleader Rivers Cuomo zurück, um neue Songs zu schreiben, die aufgrund seiner persönlichen Lage weitaus düsterer ausfielen. Das zweite Album "Pinkerton" von 1996 unterschied sich deshalb auch diametral vom poppigen Erstling. Es war viel rauher produziert, die Gitarren lärmten, das Schlagzeug schepperte und Cuomos Gesang wurde stellenweise zu einem Schreien. Dazu die Texte! "Pinkerton" lieferte tiefe Einblicke in ein zerrissenes, verunsichertes Seelenleben voller Ängste und Hoffnungen. Nichts da mehr mit Liedern über Frauen, wie man sie gerne hätte und über das Surfen.



Die Folge: "Pinkerton" floppte. Ein Großteil der zeitgenössischen Rezensionen ging scharf mit der Scheibe ins Gericht, das Label entzog der Band sein Vertrauen und wollte "Pinkerton" nicht angemessen vermarkten. Weezer gingen an dem Misserfolg fast zugrunde. Fünf Jahre sollte es dauern, bis das nächste Weezer-Album erschien. In der Zwischenzeit verschwand die Band von der Bildfläche, und Bassist Matt Sharp verließ die ohnehin kaum mehr existente Gruppe. Aber dann das: Plötzlich wurde "Pinkerton" gewürdigt. Immer mehr Leute erkannten die enorme Kraft, die Genialität hinter den verschrobenen Songs. Im noch jungen Internet wurden plötzlich wieder Rufe nach einem Weezer-Comeback laut. Und in der Tat kam die Band nach Jahren voller Selbstzweifel gestärkt zurück.


COLUMBIA, MD - AUGUST 30: Guitarist Brian Bell (L) and lead singer Rivers Cuomo of Weezer performs at the Virgin Mobile FreeFest on August 30, 2009 in Columbia, Maryland. The music festival gave away all 35,000 tickets for free. (Photo by Brendan Hoffman/Getty Images)

Nun gut, nach dem Comeback sollte Weezer leider nie mehr auch nur annähernd das Level von "Pinkerton" erreichen. Aber immerhin waren sie wieder zurück, und zwar produktiv. Jetzt wagen sie sich endlich an das mythenumrankte Album von 1996 heran und veröffentlichen Anfang November eine Deluxe Edition. Neben dem zehn Liedern des "normalen" Albums befinden sich noch insgesamt 25 Bonustracks auf den zwei CDs, zum Großteil Liveaufnahmen und unveröffentlichte Bonustracks. Das lässt doch das Herz jedes Musikfreunds höher schlagen.

Die komplette Tracklist der Deluxe Edition gibt es hier.

Mittwoch, 22. September 2010

Milan Kundera - einer der ganz Großen Autoren der Gegenwart


Milan Kundera ist einer dieser Autoren, von denen man nur ein Buch lesen muss, damit sie einen in den Bann ziehen. Der heutige 81-jährige gebürtige Tscheche gehört zu den bekanntesten Schriftstellern der Gegenwart und hat ein unglaublich reichhaltiges Gesamtwerk abgeliefert. Am Bekanntesten ist Kundera wohl für seinen 1984 erschienen Roman "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins". Er hat aber noch weitere Meisterwerke verfasst, die etwas im Schatten seines Erfolgsbuches stehen, aber keinen Deut schlechter sind.



Der am 01. April 1929 im tschechischen Brünn geborene Kundera war bereits als Kind ein begeisterter Musiker. Er arbeitete in seiner Teenagerzeit unter anderem als Jazzmusiker, bevor er sich 1948 an der Prager Universität einschrieb. Im selben Jahr trat er, wie die meisten seiner Altersgenossen, in die kommunistische Partei ein. 1950 wurde er allerdings ausgeschlossen und musste sein Studium für zwei Jahre unterbrechen. Trotzdem war Kundera, wie sein frühes dichterisches und schriftstellerisches Werk zeigt, lange Jahre ein systemtreuer Dichter. Er wurde erst in den 60er Jahren zu einem überzeugten Gegner des kommunistischen Regimes. Kundera war überzeugt davon, dass das totalitaristische System in der Tschechoslowakei das Individuum daran hinderte, seine Wünsche und Ziele zu verfolgen.

Schon in seinen ersten Meisterwerken "Der Scherz" (1967) und "Das Buch der lächerlichen Liebe" (drei Bände, erschienen 1963, 1965 und 1968) kam diese Kritik zum Tragen. In "Der Scherz" griff Kundera seinen eigenen Ausschluss aus der Partei auf und baute ihn in die Geschichte ein. Er engagierte sich immer stärker politisch und unterstützte den "Prager Frühling". Als diese Protestbewegung allerdings 1968 von sowjetischen Panzern beendet wurde und das stalinistische System daraufhin wieder gnadenlos durchgesetzt wurde, sah sich Kundera unter enormem Druck. Er wurde seines Lehrauftrags enthoben, und seine Werke wurden aus Bibliotheken entfernt bzw. nicht mehr neu publiziert.

Da Kundera eine "persona non grata" in Tschechien geworden war, nahm er 1975 nur zu gerne einen Ruf der Universität Rennes, wo er fortan als Dozent wirkte. Das tschechische Regime hinderte ihn nicht am Ausreisen. 1978 ging er weiter nach Paris, wo er bis heute lebt. Im selben Jahr erschien das "Buch vom Lachen und Vergessen", in welchem Kundera auf bittere Art und Weise mit der kommunistischen Partei abrechnet. Daraufhin wurde ihm die tschechische Staatsbürgerschaft entzogen, und seit 1981 ist er französischer Staatsbürger.

In die 80er Jahre fiel Kunderas größter internationaler Erfolg, "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" (1984). Hier spielt die Liebe als Gegenpol zum totalitären System eine große Rolle. Kunderas nächste große Werke "Die Unsterblichkeit" (1990) und "Die Langsamkeit" (1994) lösten sich dann von der Tschechischen Thematik und behandelten generelle Probleme der westlichen Welt - z.B. den Verlust der Identität in einem zusehendes modernisierten Staat. Der letzte der beiden genannten Romane war der erste, den Kundera nicht mehr auf tschechisch, sondern auf französisch schrieb.

Die poetische Sprache und Wortgewalt seiner Werke machten ihn berühmt und brachten ihm Verehrung von verschiedensten Literaturkritikern ein. Dabei ist Kundera beileibe kein "einfacher" Autor. In seinen Büchern kommen oft auch komplexe Passagen vor, die nicht leicht zu entwirren sind. Außerdem gibt er seit 1985 nur noch schriftliche Interviews, weil er sich zuvor oft falsch zitiert fühlte. Er verfügte auch, dass seine frühen, Kommunismus-freundlichen Werke, nicht mehr verlegt werden.

Dienstag, 21. September 2010

Musik, um den Sommer gebührend zu verabschieden

Schon seltsam: Kaum ist der Sommer rein meteorologisch dabei, sich langsam zu verabschieden und dem Herbst Platz zu machen, schon meldet sich die Sonne zurück. Im August hatten wir sie noch schmerzlich vermisst, doch im späten September werden wir von ihr noch einmal richtig verwöhnt. Was gibt es schöneres, als dieses unverhoffte Comeback ausgiebig zu nutzen und es sich auf dem Balkon oder im Garten gemütlich zu machen? Dabei darf dann natürlich auch die Musik nicht fehlen. Ich liste mal ein paar schöne Spätsommer-Platten auf, zu denen man wunderbar entspannen und den Blättern beim Herunterfallen zusehen kann.


Earl Greyhound - Suspicous Package (2010)
Das famose zweite Album der New Yorker Retro-Rocker erstrahlt in mehr unterschiedlichen Farben als der schönste Herbsttag - mal laut und bunt, mal leise und melancholisch.


Surfer Blood - Astro Coast (2010)
Indie-Rock gepaart mit Surfgitarren-Twang. Lässt einen an Strände und Meer denken, während gleichzeitig der Herbst schon klar durchscheint.


Weezer - Weezer (Blaues Album) (1994)
Der Klassiker. Nie gab es eine bessere Mischung aus krachendem Sonnenscheinrock mit zuckersüßen Melodien und verzweifelter Traurigkeit. Macht auch nach dem tausendsten Hören noch Spaß.


Manic Street Preachers - This Is My Truth, Tell Me Yours (1998)
Nie waren die Manic Street Preachers ruhiger, nie besinnlicher. Aber auch nie waren sie besser geeignet, dem Sommer beim Übergang in den Herbst zuzusehen. Großartige Hymnen wie "The Everlasting" und "If You Tolerate This ..." passen da wie die Faust auf's Auge.


Radiohead - The Bends (1996)
Die Indie-Gottheiten um Thom Yorke waren ja schon immer Garanten für den gepflegten Umgang mit eingängiger Traurigkeit. Ein Lied wie "Just" könnte im Alleingang einen ganzen Baum von seinem Herbstlaub befreien, so sehr haut es immer noch rein.



Oasis - Don't Believe the Truth (2005)
Die vielleicht missverstandendste, aber auch anmutigste Platte der Gallagher-Brüder. Es mögen zwar die großen Hymnen fehlen, dafür schlängeln sich Perlen wie "Turn Up the Sun" oder "The Importance of Being Idle" um so unaufdringlicher ins Ohr.

Donnerstag, 16. September 2010

"Beim Griechen": Deutsche Zeitgeschichte aus Sicht einer griechischen Taverne

Heute will ich einen ganz dicken Buchtipp aussprechen. Es geht um „Beim Griechen“ von Alexandros Stefanidis, das beim Fischer Verlag erschienen ist. In diesem herrlichen, pointierten und gut lesbaren Werk schildert der Autor, in Karlsruhe als Sohn eines griechischen Gastarbeiter-Paares geboren, die Geschichte seiner Familie seit deren Ankunft in Deutschland im Jahr 1963. Und zwar nicht einfach so, sondern aus der Sicht der griechischen Taverne, die seine Eltern 1970 eröffneten, und die sich im Karlsruher bzw. badischen Raum schnell zum Kultrestaurant entwickelte.

Im Zentrum steht dabei Stefanidis’ Vater Christoforos, der als erster nach Deutschland kam und später zusammen mit seiner Frau Maria die Taverne eröffnete. Christo, wie er genannt wird, muss früh erfahren, dass Gastarbeiter in Deutschland schon in 1960ern als lästiges Übel empfunden werden und vor allem von Behörden mit fast schon menschenverachtender Herablassung behandelt werden. Trotz aller Widerstände, kaltherziger Vermieter und eines Arbeitsunfalls, der den Verlust mehrerer Fingerkuppen zur Folge hat, eröffnet Christo mit seiner Frau die Taverne „El Greco“. Diese entwickelt sich im ohnehin griechenlandfreundlichen Deutschland der 70er Jahre schnell zum Geheimtipp. Dazu trägt auch die Art bei, in der die Stefanidis ihre Gaststätte führen. Vater Christo behandelte jeden Gast wie seinen Freund, hörte sich seine Lebensgeschichte und seine Sorgen und Nöte an, trank mit ihnen Ouzo oder Metaxa und diskutierte natürlich über Politik.

In „Beim Griechen“ erfährt der Leser nicht nur etwas über das Klima, in dem sich Ausländer in Deutschland zurecht finden müssen – er kriegt auch eine brilliante Lektion in Deutscher Zeitgeschichte. Eher beiläufig schildert der Autor etwa, wie sich im Januar 1980 die Gründungsmitglieder der „Grünen“ in Cordhose und Turnschuhen in der Taverne trafen, um die Gründung ihrer Partei zu feiern. Oder wie Gregor Gysi 1992 vorbeischaute und sich eine kalte Vorspeisenplatte servieren ließ. Oder wie sich selbst alte Stammgäste und Freunde von Christo von der fremdenfeindlichen Stimmung der frühen 1990er Jahre anstecken ließen.

Alexandros Stefanidis, der jüngste von drei Söhnen des tüchtigen Wirtes, hat ein enorm unterhaltsames Buch geschrieben. Auf knapp 200 Seiten lernt der Leser mehr über deutsche Geschichte seit der ersten großen Koalition als in irgendwelchen dickleibigen Geschichtswälzern. Er lernt auch, dass das Zusammentreffen von griechischer Lebensfreude und deutscher Zielstrebigkeit großes Zustande bringen kann – etwa die Karlsruher Taverne von Christo und Maria Stefanidis, die 2009 für immer ihre Türen schloss.

Donnerstag, 9. September 2010

Der Faust-Stoff – „ein weites Feld“

Es ist doch erstaunlich, wie populär Johann Wolfgang Goethes Fausttragödien sind. Hat diese nicht jeder entweder in der Schule lesen müssen oder still und heimlich bei sich gedacht, so einen Klassiker der Weltliteratur muss ich mir mal geben.

Das es aber noch andere Faustrezeptionen gibt ist vielen nicht bewusst. Faust hat auch tatsächlich gelebt. Im 16. Jahrhundert, um genau zu sein. Einer der neuesten Faustadaptionen und meiner Meinung nach ein brillantes Meisterwerk ist Michail Bulgakows Meister und Margarita. Diese gelungene Satire spiegelt das Leben in Moskau zur Zeit des stalinistischen Imperiums wieder. Der Teufel geht in Moskau um. Das diabolische Werk wird zu den wichtigsten russischen Romanen des 20. Jahrhunderts gezählt und umfasst gekonnt und anklagend die starre Bürokratie der Sowjetunion. Doch neben dem Moskauer Leben spielen auch der ewig währende Kampf zwischen Gut und Böse, Gott und Teufel und einer zerstörerischen, sich über alle Regeln hinwegsetzenden Gewalt und der an das Menschliche appellierenden Humanität zentrale Rollen. Einige Kapitel enthalten sogar eine sehr moderne Version von Pontius Pilatus und den letzten Tag Jesu Christi.

Es fließen mehrere Handlungsstränge in einander 1. das durch den Teufel hervorgerufene Chaos in Moskau 2. der Meister, welcher die Hauptfigur darstellt, erzählt seine Geschichte und von seinem Roman über Pontius Pilatus und 3. die verheiratete Geliebte des Meisters Margarita. Durch Margaritas Pakt mit Professor Voland – dem Teufel höchstpersönlich – finden die Liebenden schlussendlich im Tod ihre Erlösung.

In diesem Roman steht Bulgakows Philosophie über Erlösung, Vergebung, die ewige Ruhe und die sogar den Tod überwindende Liebe im Vordergrund.

Die satirischen Momente untermalen das Werk auf unglaubliche Art und Weise, denn die so konsequente Bürokratie des stalinistischen Überwachungsstaates hat auch Bulgakow zu spüren bekommen. Ab 1930 verschwanden seine Stücke von den Theaterbühnen Russlands.

Eine wirklich wunderschöne Reise ins ferne Moskau mit grotesker Untermalung. Jedem dem es Goethe mit seinem Faust angetan hat, wird begeistert sein von Michail Bulgakows Meister und Margarita.

Freitag, 3. September 2010

Anlässlich des neuen Albums: Eine Hommage an die Manic Street Preachers

Am 17. September erscheint "Postcards From a Young Man", das zehnte Studioalbum der Manic Street Preachers. Die Waliser waren hierzulande ja nie so bekannt wie in Großbritannien, wo sie spätestens seit Mitte der 1990er Jahre zu den großen Stars zählen. Vielleicht ist deshalb das neue Album ein guter Anlass, die faszinierende und außergewöhnliche Karriere der Musiker von der Insel eingehender zu beleuchten.

Gegründet 1986 unter dem Namen Betty Blue, hatten die Manic Street Preachers Ende der 1980er ihre feste Besetzung gefunden und spielten Auftritte unter ihrem neuen Namen. James Dean Bradfield spielte Gitarre und sang, Nicky Wire alias Nicholas Jones war der Bassist, Bradfields Cousin Sean Moore der Drummer. Dazu kam noch Richey James Edwards, der nominell zweiter Gitarrist war, aber diese Rolle von Anfang nur zum Schein ausübte. Edwards' Verstärker war angeblich bei fast allen Auftritten der Manics auf leise gedreht, so dass man nur das Instrument des weitaus begabteren Bradfield hören konnte. Nein, Edwards' Rolle in der Band war von Anfang an die des intellektuellen, rhetorisch gewandten Texteschreibers, der die provokanten und rebellischen Ansichten der Band in Worte fassen sollte und so die Außendarstellung entscheidend prägen sollte.

Die Manic Street Preachers hatten Anfang der 90er Jahre dann auch tatsächlich ein wahres Outlaw-Image in Großbritannien. Sie spielten geschickt mit den Medien, pöbelten andere Bands an, gaben sich aufsässig und rebellisch. In einem frühen Interview schnitt sich der seit jeher psychisch labile Edwards mit einer Rasierklinge die Worte "4 REAL" in den Unterarm, nachdem ihm ein Reporter mangelnde Authentizität vorwarf. Das Debütalbum der Manics, "Generation Terrorists", erschien Anfang 1992 und bot musikalisch eine Mixtur aus hartem Glamrock im Stile der Guns'n'Roses und Punkrock der ersten Stunde. Zwischen lauten politischen Statements fand sich auch dieses eine melancholische Lied, das zum Evergreen wurde: "Motorcycle Emptiness". Als Single ausgekoppelt, wurde es zum ersten Hit der Manic Street Preachers.
1993 veröffentlichte die Band "Gold Against the Soul", das sich ein Stück weit vom politischen Milieu löste und auch musikalisch leicht in Richtung Alternative Rock tendierte. 1994 sollte ein einschneidendes Jahr in der Bandgeschichte werden. Der psychische Zustand von Richey James Edwards wurde immer schlechter, er musste nach gescheiterten Selbstmordversuchen in eine Klinik eingeliefert werden. Sein zermartertes Innenleben verarbeitete er in den Texten zum dritten Manics-Album "The Holy Bible", das im August dieses Jahres erschien. Bis heute gilt dieses düstere, widerspenstige Album als eines der besten seiner Art und als absoluter Klassiker. Keine leichte Kost und deswegen kommerziell auch nicht sehr erfolgreich, ist es doch das definitive Statement der Manic Street Preachers. Nach diesem kreativen Höhepunkt kam der persönliche Tiefpunkt.

LONDON - FEBRUARY 28:  Singer James Dean Bradfield and the Manic Street Preachers perform after receiving their Godlike Genius award at the Shockwaves NME Awards Big Gig 2008 at the O2 Arena on February 28, 2008 in London, England.  (Photo by Gareth Cattermole/Getty Images)


Im Februar 1995 verschwand Richey Edwards einfach. Er checkte aus seinem Londoner Hotel aus, nahm sich einen Mietwagen und ward nie wieder gesehen. Sein Auto wurde in der Nähe der Severn Bridge an der Meerenge zwischen Wales und England gefunden, weshalb man heute allgemein von Selbstmord ausgeht. Geschockt und verwirrt, überlegte das verbliebene Trio lange, ob man weitermachen sollte. Letztlich beschloss man aber doch, die Reise ohne den Kreativpol fortzuführen. Das 1996 erschienene Album "Everything Must Go" wurde dank der melancholischen Hitsingle "A Design For Life" zum Megahit und etablierte die Manics als Rockstars im Mainstream. Obwohl die Musik wesentlich radiotauglicher war als noch auf "The Holy Bible", büssten die Manic Street Preachers nichts von ihrem künstlerischen Anspruch ein. 1998 schaffte es das Trio gar erstmals auf Platz 1: Sowohl die Single "If You Tolerate This Your Children Will Be Next" als auch das Album "This is My Truth Tell Me Yours" belegten Spitzenplätze der englischen Charts.

Die Manic Street Preachers waren auf ihrem kommerziellen Höhepunkt angekommen. 2001 schaffte es das experimentelle "Know Your Enemy" noch auf Platz 2, aber danach folgte mit "Lifeblood" eine Scheibe, die nicht nur musikalisch von kühlen Elektrosounds geprägt war, sondern das auch von den Fans eher unterkühlt aufgenommen wurde. Die große Zeit der Manic Street Preachers schien vorbei, und viele Zeitschriften schrieben schon einen Abgesang auf eine der größten und wichtigsten Bands der letzten Dekade.

Aber dann gelang mit "Send Away the Tigers" (2007) ein beachtliches Comeback in den Charts. Die Musik auf diesem Album war wieder viel rockiger und erinnerte in vielerlei Hinsicht an den Klassiker "Everything Must Go". Zwei Jahre später fühlten sich die Manic Street Preachers dann reif dafür, ihrem verschwundenen Ex-Kameraden ein musikalisches Denkmal zu setzen. "Journal For Plague Lovers", das neunte Studioalbum, basierte ganz alleine auf Songtexten aus Edwards' Feder, die er seinen Freunden kurz vor seinem Verschwinden übergeben hatte. Die Musik auf diesem Album war eine klare Rückkehr zum düsteren, verzweifelten Alternative der "Holy Bible"-Phase, und sowohl Fans als auch Kritiker waren verzückt.

LONDON, ENGLAND - JUNE 11:  Manic Street Preachers attend the 2009 MOJO Honours List at The Brewery on June 11, 2009 in London, England.  (Photo by Gareth Cattermole/Getty Images)


Nun wollen es die Manic Street Preachers aber noch einmal in kommerzieller Hinsicht wissen. "Postcards From a Young Man", das zehnte Album, wurde von Bradfield und Wire vorab als "One last shot at mass communication" angekündigt, also als letzter Versuch, die Charts zu stürmen. Die Chancen dafür stehen gut: Die Musik auf der neuen Scheibe ist kraftvoll, melodisch und selbstbewusst. Orchestral untermalter Rock wie auf der Vorabsingle "(It's Not War) Just the End of Love" trifft auf nachdenkliche Klänge wie "Hazelton Avenue" oder "Some Kind of Nothingness". Wieder einmal haben die Manic Street Preachers ein großartiges, allumfassendes Meisterwerk geschaffen, das alte Fans zufrieden stellen wird und ihnen garantiert auch neue einbringen wird. Diese Band ist in der Tat die wohl wichtigste Band, die in den letzten 20 Jahren aus Großbritannien hervorkam. Hoffentlich machen sie noch viele weitere Alben dieses Kalibers.

Montag, 30. August 2010

Wolf Haas - der Antiheld der deutschsprachigen Literatur

Wenn man die Brenner-Krimis von Wolf Haas liest, macht man sich automatisch ein falsches Bild vom Autor, der dahinter steht. Man stellt ihn sich ein bisschen so vor wie Josef Hader, der den Charakter des Simon Brenner in den bisherigen drei brillianten Leinwandverfilmungen von Haas' Büchern spielt. Man imaginiert ihn als grummeligen, unrasierten, aber ungemein witzigen Zeitgenossen. Nun, witzig ist Haas in der Tag, aber schon Blick auf sein Foto verrät, das er der Vorstellung ansonsten nicht entspricht. Vor allem aber ist Haas' Gesicht eines der wichtigsten der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur.

1960 im österreichischen Bundesland Salzburg geboren, wurde Haas erst Mitte der Neunziger zum freien Schriftsteller. Zwischen 1996 und 2003 schrieb er sieben Kriminalromane, sechs davon mit seinem Antihelden Simon Brenner, die schnell zu preisgekrönten Kultwerken avancierten. Was mit "Auferstehung der Toten" begann, fand mit "Der Knochenmann" und "Komm, süßer Tod" seine Fortsetzung. Als 2001 der vierte Brenner-Roman "Silentium" erschien, war Haas bereits ein erfolgreicher und von den Kritikern gefeierter Star-Autor. Nach "Wie die Tiere" und "Das ewige Leben" legte Haas eine Brenner-Pause ein, die er erst 2009 mit "Der Brenner und der liebe Gott" beendete.
Was Haas' Romane auszeichnet, ist neben dem lakonischen Humor, der trockenen, oft zynischen Gesellschaftskritik und der abgehalfterten Hauptfigur vor allem der untypische Erzählstil. Haas schreibt stets aus der Perspektive eines Erzählers, der den Leser direkt anspricht, und zwar so, als würde er in der Kneipe am Tresen neben ihm stehen. "Ob du es glaubst oder nicht, aber da hat es Brenner schon mit der Angst zu tun bekommen" heißt es da, und man würde als Leser am liebsten nickend zustimmen.

Vor Haas und seinem schriftstellerischen Vehikel Brenner ist keiner sicher. Nicht das Gesundheitssystem, nicht die katholische Kirche und auch nicht reiche Bauherren. Seine Hauptfigur löst zwar die kompliziertesten Fälle, schlüpft dabei aber nie in die Rolle des strahlenden Helden und braucht oft unerwartete Hilfe, um dem Tod von der Schippe zu springen. Das verleiht den Geschichten Authentizität und dem Simon Brenner hohe Sympathiewerte. Noch dazu sind die Geschichten in Haas' Roman spannend erzählt und in sich logisch völlig stimmig. Es ist wahrlich kein Wunder, dass der Feuilleton begeistert auf diesen untypischen Autor und seine Bücher reagierte. Haas ist ein Phänomen, das der deutschsprachigen Literatur hoffentlich noch lange erhalten bleibt.

Mittwoch, 25. August 2010

Online-Institution Plattentests.de: Musikrezensionen und Eiersalat Hawaii

Das Internet ist ein flüchtiges Medium. Ein Kommentar, eine Meinungsäußerung unter einem Beitrag ist ebenso schnell gelöscht wie der Beitrag selber. Auch großartige Seiten können binnen weniger Stunden einfach aus dem Netz getilgt werden, so dass nichts mehr bleibt außer eine wehmütige Erinnerung.

Und weil das Internet, dem Geist unserer Zeit entsprechend, nun mal so wenig Kontinuität kennt, ist es um so bemerkenswerter, dass mit Plattentests.de nun eine wahre Institution des Online-Journalismus seinen zehnten Geburtstag gefeiert hat. Genauer gesagt wurde dieser schon Ende 2009 gefeiert, denn im Winter 1999 veröffentlichte der damals frisch volljährige Armin Linder erstmals Musikrezensionen auf dieser Domain. Rasch stieß das Online-Magazin auf eine begeisterte Leserschaft, die im Laufe der Jahre ebenso anwuchs wie das Redakteurteam um Linder, der auch heute noch als Chef dabei ist.

Auf einer Bewertungsskala von 1 bis 10 bewertet Plattentests jede Woche maximal 20 Neuerscheinungen aus der Indie-, Rock-, Pop- und Alternative-Ecke, manchmal auch Metal und Elektronische Musik. Die Topbewertung 10 Punkte verteilt das Team jedoch seit jeher sparsam. Die Bestnote wurde in der Geschichte der Webseite insgesamt erst elf Mal gezückt, und das letzte Mal ist auch schon wieder vier Jahre her: 2006 wurde Joanna Newsoms "Ys" abgefeiert. Dass vor allem in der Frühphase der Plattentests-Geschichte Bewertungen fielen, die heute eher seltsam anmuten, wie etwa eine 9/10 für Reamonns Debütalbum "Tuesday", nehmen die Seitenbetreiber mit Humor. Nachträglich verändern wollen sie nichts und stehen zu jeder geschriebenen Zeile. Das nennt man wohl gelebte Authentizität.

Was Plattentests außer der immer gut geschriebenen und objektiven Rezensionen seit jeher noch auszeichnet, ist das Forum der Webseite. Es ist für jeden ohne Registrierung zugänglich und mutet mit seiner einfachen Struktur zu Recht an wie ein Überbleibsel aus den Anfangstagen des Internet. Doch gerade durch diesen bewussten Verzicht auf technischen Schnickschnack erhält das Plattentests-Forum einen anarchistischen Charme, der süchtig macht. Neben Musikthreads finden sich dort auch unzählige abstruse und witzige Threads zu Themen wie "Eiersalat Hawaii" oder "Enten füttern".

Zu guter letzt sei noch erwähnt, dass Plattentests trotz seiner großen Anhängerschaft ein nicht-kommerzielles Projekt ist, an dem niemand etwas verdient. Alle Redakteure schreiben ihre Rezensionen auf freiberuflicher Basis. Und das wird wohl auch ewig so bleiben. Es wäre nicht die einzige Konstante bei Plattentests.de.

Dienstag, 24. August 2010

YEASAYER – abgefahren, einfach nur abgefahren



Am 19. August stürmten im Münchner 59:1 Yeasayer schon zum 2ten mal in 2 Monaten die Bühne. Mit den Worten „Glad to be back“ eröffneten sie die Show.

5 junge Kerle, die alle bis auf den Bassisten und den Schlagzeuger im Schnellakkord ihre Instrumente wechseln, um möglichst viele verschiedene Soundeffekte einbauen zu können.
So viel Action habe ich schon lang nicht mehr gesehen und macht definitiv Lust auf mehr.

Die Jungs aus Brooklyn, New York kamen 2006 zusammen und bezeichnen ihre sehr experimentierfreudige Musik als Middle-Eastern-Psych-Pop-Snap-Gospel. Verwirrt? Ein bisschen. Sie vermischen in ihren Songs verschiedene Kulturkreise, so kann man neben afrikanischen Stammesgesängen auch indische Bollywoodklänge vernehmen. Nur um zu sehen, was dabei herauskommt, verbinden sie verschiedene Musikstile – und das Ergebnis ist, kann sich hören lassen.

Mittlerweile ist auch das 2te Album erschienen und wieder einmal haben Yeasayer es geschafft, einen einzigartigen Sound zu kreieren. Auf den alternativen Radiosendern FM4, EgoFM und M94.5 werden die Hits, wie ONE, rauf und runter gespielt und erfreuen sich großer Beliebtheit.

Schön, dass sich noch eine Band traut, zu experimentieren und das auch wirklich was g’scheidts dabei raus kommt. Viel Vergnügen beim anhören und abgehen!

Mittwoch, 18. August 2010

Kulturpessimisten aufgepasst: Daniela Katzenberger singt!

In unserer heutigen Mediengesellschaft ist ja bekanntlich nichts so schlecht und unbedeutend, als dass es nicht im Trash-TV gebührend ausgeschlachtet werden könnte. Dachte sich auch der Privatsender VOX, als er mit der 23-jährigen Daniela Katzenberger auf eine wahre Goldgrube stieß. Die blondierte gelernte Kosmetikerin gibt offen zu, dass es mit ihr rein hirnmäßig nicht weit her ist und dass sie im Fernsehen nur sich selbst spielt. Ohne zwei Kilogramm Schminke sieht man die Katzenberger nie auf der Mattscheibe, und ihre tätowierten Augenbrauen und die lackierten Fingernägel sind eine Art Markenzeichen geworden.


STUTTGART, GERMANY - MAY 20: Daniela Katzenberger arrives at 'The Dome 54' at the Hanns-Martin Schleyer Halle on May 20, 2010 in Stuttgart, Germany. (Photo by Thomas Niedermueller/Getty Images)

In der Sendung "Goodbye Deutschland" wurde die Ludwigshafenerin so bekannt, dass VOX sie fortan mit aller Macht pushen wollte. Sie durfte ein Café auf Mallorca eröffnen, der Insel, auf die es alle Kreaturen aus den Sümpfen des Showbiz zieht. Dort verteilt sie nun fleißig Autogramme an ihre Fans, von denen es zahlreiche gibt. Scheinbar schafft es die dumpfbackige Blondine, die versteckten Sehnsüchte ziemlich vieler Menschen auf sich zu projizieren, denn sie erfreut sich einer erstaunlichen Beliebtheit. Und weil nach den Regeln der oben angesprochenen Mediengesellschaft alles gut ist, was Erfolg hat (und nicht mehr umgekehrt, wie früher), war es nur eine Frage der Zeit, bis die Katzenberger auch die Musikkanäle erobert.

"Nothing's Gonna Stop Me Now" heißt ihre Debütsingle, die übermorgen erscheint. Natürlich hat Katzenberger das Lied nicht selbst geschrieben, es ist ein Cover des 80er-Jahre-Popsternchens Samantha Fox. Dass die Lady nicht singen kann, versteht sich von selbst, interessiert aber natürlich keinen. VOX wird genug Geld investiert haben, um Airplay im Radio und auf MTVIVA zu garantieren. Das sind die Regeln der Mediengesellschaft.

Donnerstag, 12. August 2010

Hunter S. Thompson – der beste Schriftsteller unter den Journalisten und der beste Journalist unter den Schriftstellern

Mit The Rum Diary kommt im November nun ein weiterer Film mit Johnny Depp, der den Vagabunden und Journalisten Paul Kemp in der Hauptrolle verkörpert, von dem berühmt berüchtigten Journalistenautor Hunter S. Thompson in die Kinos.

Hunter S. Thompson schrieb den Roman 1959, doch erst 1998 fand dieser den Weg in die Veröffentlichung. der einstmalige Rolling Stone Reporter hatte ein abgefahrenes Leben und scheute sich niemals, offen und ehrlich das zu sagen, was ihm durch den Kopf ging.

Mit der Erfindung des Gonzo-Journalismus (gonzo steht hier für exzentrisch, verrückt, außergewöhnlich) begründete Thompson eine neue Art und Weise, sich von der Objektivität des distanzierten Schriftstellers abzuwenden und seine eigenen, völlig subjektiven Erfahrungen als Autor in die Geschehnisse der Geschichte mit einfließen zu lassen. So wird eine interessante Mischung aus Realität, autobiographischen Ansätzen und Fiktion hergestellt. Stilmittel sind Sarkasmus, Humor, vulgäre Schimpfwörter, Polemik und bekannte Zitate.

Auf Thompsons berühmtester „Forschungsreise“ Fear and Loathing in Las Vegas versuchte er, dem Amerikanischen Traum nachzugehen. Findet aber in dem verspulten Chaos aus Drogencocktails nur sein eigenes persönliches Scheitern und das des Amerikanischen Traumes.

Hunter S. Thompson nahm sich 2005 mit einem Kopfschuss das Leben – nicht aus Verzweiflung, sondern weil es einfach der richtige Augenblick war, um sich aus dem Leben zu stehlen.

„No More Games. No More Bombs. No More Walking. No More Fun. No More Swimming. 67. That is 17 years past 50. 17 more than I needed or wanted. Boring. I am always bitchy. No Fun -- for anybody. 67. You are getting Greedy. Act your old age. Relax -- This won't hurt."

Donnerstag, 5. August 2010

The Doors – When You Are Strange

Vielleicht mögen einige von euch aufstöhnen und sich denken – oh man, schon wieder ein belangloser Dokumentarfilm über irgendeine todgehörte Band, welche ihren Zenith vor Jahren längst überschritten hat und nur mit dem tragischen Tod des Bandleaders noch ordentlich Kohle gemacht werden kann.

Mh….I do not think so. The Doors werden heutzutage immer noch auf diversen Radiosendern rauf und runter gespielt, Jim Morrison wird wie eh und je abgöttisch verehrt und als sensibler Rockpoet gefeiert.

Der Regisseur Tom DiCillo hat mit dem neuesten The Doors-Film When You Are Strange eine abgefahrene Reise in die Vergangenheit unserer Eltern inszeniert und weckt in der neuen Indiegeneration ein wahnsinnig intensives Gefühl, auch an dieser Zeit teil haben zu wollen.

“If the doors of perception were cleansed every thing would appear to man as it is, infinite”

Es gehört eigentlich schon zum Allgemeinwissen, wer The Doors sind, welche Songs ihre bekanntesten sind (Light My Fire, Hello, I Love You, Love Her Madly – nur so zur Erinnerung) und, dass der depressive Jim Morrison im zarten Alter von 27 Jahren seinen Tod fand. Eben mit dem mysteriösen Dahinscheiden des Leadsängers fand die Band zu ihrer Unsterblichkeit und bleibt bis heute eine Attraktion.

In DiCillos Film wird mehr oder weniger das Aufstreben, sowie Aufbegehren einer jungen amerikanischen Band, also auch deren Untergang chronologisch erzählt und mit einzelnen tatsächlichen Konzertsequenzen untermalt. Zeitgenössische Aufnahmen werden sind in schneller Schnittfolge montiert und durch viele andere kurze Ausschnitte anderer Filme, Fernsehauftritte, Sequenzen aus Jim Morrisons unvollendetem Filmprojekt. Neben diesen ganzen kleinen aber absolut unglaublichen Details wird die Geschichte von Johnny Depp als Stimme aus dem Off wiedergegeben und kommentiert.


Mit ihren provozierenden, kompromisslosen und stimulierenden Songs, sowie der hypnotisierenden Macht von Morrisons poetischem Sein und seiner alles umfassenden Präsenz haben The Doors einen nachhaltigen Eindruck nicht nur auf die Pop-Musik, sondern auch auf die Pop-Kultur, hinterlassen.


Also schaut euch den Film an, lasst euch mitreißen von der Komposition aus Musik und Poesie und fühlt euch wieder ein Stück mehr mit der guten alten Zeit des dreckigen Rock ‛n’ Rolls verbunden.

„Ich mag Ideen über den Zusammenbruch oder den Umsturz der etablierten Ordnung. Mich interessiert alles, was mit Revolte, Unordnung, Chaos zu tun hat – ganz besonders Handlungen, die scheinbar keinen Sinn haben. Das scheint mir, ist die Straße zur Freiheit – äußere Freiheit ist ein Weg, innere Freiheit zu erreichen.“

Jim Morrison, Januar 1967

Donnerstag, 29. Juli 2010

Rolling Stones - gehen die Rock-Legenden 2012 in Rente?

Es gibt auch in einer schnelllebigen Branche wie dem Musikbusiness Beständigkeit. Kaum etwas verkörpert diesen Wert so wie die Rolling Stones. Die „Rock-Dinos“ aus England stehen seit 1962 auf der Bühne und gehen immer noch regelmäßig auf Tour. Obwohl ihre große Zeit in den Charts etwa seit Anfang der 80er Jahre vorbei ist, zählen Mick Jagger, Keith Richards und Co immer noch zu den beliebtesten Bands der Welt. Ihre Klassikeralben wie „Aftermath“, „Their Satanic Majesties Request“ oder „Exile on Main Street“ verkaufen sich nach wie vor hervorragend und bringen auch einer neuen Generation das Mysterium Rolling Stones nahe.


Doch plötzlich, wie aus dem nichts, taucht die Frage auf: Wie lange noch? Laut einem Bericht der englischen Boulevardzeitung The Sun wollen sie Stones 2012 in Rente gehen – pünktlich zum 50. Jahrestag ihrer Bandgründung. Alle Bandmitglieder gehen mittlerweile stramm auf die 70 zu und wollen es ihren Fans scheinbar nicht zumuten, sie in altersschwachem Zustand auf der Bühne zu sehen. Eine offizielle Bestätigung steht noch aus, aber die Fans müssen sich wohl tatsächlich damit abfinden, dass es stimmt. Eine letzte riesige Welttournee noch, und die Stones könnten sich in den Ruhestand verabschieden. Das wäre es dann auch mit der Beständigkeit im Musikbusiness gewesen.

Dienstag, 27. Juli 2010

OMDB - Die Online-Musikdatenbank

Wohl so ziemlich jedem Musikfreund, auch mir, passiert das manchmal: Man will jemandem von einem Lied erzählen, einem Album, oder einem Künstler, und dann fällt einem der betreffende Name nicht mehr ein. Im Internet gibt es ja zum Glück viele Möglichkeiten, um sich in solchen Situationen zu informieren. Zum Beispiel bei Wikipedia, wobei das mir persönlich oft zu unübersichtlich ist und man auch dort nicht zu jeder Band und jedem Album einen Eintrag findet.

Ich empfehle daher eine Page, auf die ich vor kurzem gestoßen bin und die einen hervorragenden Eindruck macht: Die OMDB. Die Abkürzung steht für "Online-Musikdatenbank", und es handelt sich um ein nicht kommerzielles Freizeitprojekt von Musikfans. Jeder kann sich kostenlos anmelden und mithelfen, die Datenbank zu füllen. Laut Statistikpage sind mittlerweile über 6000 Künstler und weit mehr als 10.000 Tonträger in die Datenbank eingetragen, und zumindest die Einträge, die ich angeklickt habe, waren informativ und liebevoll gestaltet.

Besonders zwei Funktionen sind mir äußerst positiv aufgefallen: Zum einen kann man in der OMDB online seine Plattensammlung verwalten. Man klickt einfach bei einem Albumeintrag auf "Zur Sammlung hinzufügen" und hat dann sofort eine Übersicht darüber, welche Alben man besitzt. Zum anderen kann man selbst Rezensionen zu Platten verfassen. Da werde auch ich demnächst mal meine Kreativität ausleben. Schauen Sie es sich mal an, ich kann die OMDB nur jedem Musikfreund empfehlen!

Freitag, 9. Juli 2010

Ringo Starr wird 70


Es gab und gibt immer noch viele Klischees über Ringo Starr. Zum Beispiel jenes, dass er ein schlechter Schlagzeuger gewesen wäre und nur von restlichen drei Beatles in das Rampenlicht mitgezerrt wurde. Oder jenes, dass er ein einfältiger Typ sei, nur weil er sich nie so Recht an den Esoteriktrips und politischen Statements seiner Bandkollegen beteiligen wollte. Man könnte sich jetzt die Mühe machen, alle diese Vorurteile im Detail auseinander zu nehmen und dann zu widerlegen. Aber das haben zum Glück andere schon ausführlich getan. Um so mehr Platz bleibt uns hier, um Richard Starkey alias Ringo Starr zum 70. Geburtstag zu gratulieren.


Das ältere von den beiden noch lebenden Mitgliedern der besten und erfolgreichsten Band aller Zeiten stand schon in den Sechziger Jahren nie so im Mittelpunkt wie John Lennon, Paul McCartney oder George Harrison. Er wollte es aber auch nie. Er begnügte sich damit, zuverlässig den Takt zu halten und – auf den frühen Konzerten – ab und an eine Rock'n'Roll-Nummer zum Besten zu geben. Er wusste, dass er kein begnadete Songwriter war und fühlte sich deshalb im Gegensatz zu Harrison auch nie in seinem Ego verletzt, wenn Lennon und McCartney seine Beiträge nicht ernst nahmen. Trotzdem steuerte Starr mit „Octopus' Garden“ einen der beliebtesten Beatles-Songs in den Katalog der legendären Liverpooler Gruppe bei. Zudem ist seine Stimme auf „Yellow Submarine“, einem weiteren Klassiker, zu hören.


Nach dem Ende der Beatles im Jahr 1970 begann Starr wie seine drei Ex-Kollegen eine Solokarriere, die, wie auch sein Privatleben, Höhen und Tiefen hatte. Die Erfolge, die er als Mitglied der „Fab Four“ feiern konnte, erreichte er als Solokünstler nie. Aber er hat immer weiter gemacht und sich zudem nebenbei in der Schauspielerei versucht. Beim Dreh zum B-Movie „Caveman“ lernte Starr gar die Frau seines Lebens kennen: Barbara Bach, die er 1981 heiratete und durch die er seine Alkoholabhängigkeit überwinden konnte.


Auch mit 70 Jahren wird Starr nicht zur Ruhe kommen. Wir werden noch von ihm hören, so viel ist sicher. Vielleicht auch von einem weiteren Träger seines Nachnamens: Sohn Zak Starkey hat das Talent des Vaters geerbt und spielte für The Who sowie kurzzeitig für Britpop-Ikonen Oasis. In diesem Sinne: Alles Gute, Ringo!




Dienstag, 6. Juli 2010

simfy.de - eine Musikplattform will die Revolution

Zweifelsohne hatte die Musikindustrie in den letzten Jahren mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Mit der Verbreitung des Internets stieg die Zahl der illegalen Musikdownloads rapide an, was wiederum dramatische Einbrüche bei den CD-Verkaufszahlen zur Folge hatte. Während sich das MP3 als Alternative zum Tonträger rasch durchgesetzt hatte, reagierte die Musikbranche schwerfällig und langsam und brauchte lange, um den legalen Musikdownload als Gegenpol zu illegalen Tauschbörsen zu etablieren. Musikplattformen wie iTunes, Amazon oder mp3.de haben den herkömmlichen Tonträgermarkt schon längst überholt, was den Gewinn betrifft.


Für Anhänger des „klassischen“ Musikgenusses dürfte ein Service wie der von simfy.de ein weiterer Rückschlag sein. Denn die deutsche Internetplattform hat nichts weniger vor als eine weitere Revolutionierung des Musikmarktes. Durch Kooperationen mit den größten deutschen und internationalen Musiklabels bietet simfy völlig legal Millionen von Songs und Alben an. Der Clou: Die Musik ist auf den Servern von simfy gespeichert und damit jederzeit von jedem Computer aus anhörbar. Damit braucht man weder Tonträger noch iPod, um Freunden und Bekannten ein Lied zu zeigen oder auf der Party gute Musik aufzulegen.


Das Angebot von simfy ist mit über 3 Millionen Titeln jetzt schon enorm und wächst jeden Tag kräftig an. Ständig kommen mehr Künstler und deren Lieder hinzu. Ob sich simfy langfristig durchsetzen kann, oder ob sich doch der Download auf die heimische Festplatte als attraktiver erweist, werden wir sehen. Jedenfalls steckt hinter simfy eine sehr interessante Idee, die dem Musikfreund den Konsum seines liebsten Rauschmittels deutlich erleichtert. Zu jeder Zeit, von jedem Ort aus.

Mittwoch, 30. Juni 2010

Herzlich willkommen!

Hallo und herzlich willkommen bei Text und Ton, einem Musik- und Kulturblog. Hier erfahren Sie alles relevante über das was uns am Herzen liegt, egal ob Album oder Buch, ob Theater oder Konzert. Ich will interessante Blogartikel für Sie schreiben und Ihnen auch Künstler oder Schriftsteller nahebringen, die Sie vielleicht noch nicht kannten. Schauen Sie doch bald wieder rein!